Häuser und Straßen, Supermarkt und Bäckerei, Restaurant und Eisdiele, Poststelle und Sicherheitsdienst, Rettungsstation und Feuerwehr. Der Campingplatz Grav-Insel ist eine eigene kleine Stadt.
Wer an der Himmelsleiter oder am Schnepfenstrich eine Parzelle sein eigen nennt, der hat die moderne Stadt verlassen und sich für ein Leben auf Deutschlands größtem Campingplatz entschieden. Warum verzichten Menschen auf die Annehmlichkeiten der Metropole, um sich zwischen Lorbeerhecke und Spitzengardine mit Dosenbier, Grillkohle und Gartenzwerg als Dauercamper niederzulassen?
Der Gartenzwerg hat die Hose heruntergelassen und grinst. Auf dem blanken Po sitzt eine Blaumeise. Der kecke Zwerg bückt sich auf der Parzelle von Uwe Gaebler-Deichsel. Uwe hat es sich im Gartenstuhl bequem gemacht und saugt an einer Zigarette. Auf dem Tischchen neben ihm steht eine halbleere Flasche Bier der Marke Karlskrone. Es ist noch vor Mittag, aber auf dem Campingplatz lässt man in solchen Fragen eine Fünfe gerade sein. Uwe blinzelt in die Frühlingssonne und sagt: „Hier fühl ich mich sauwohl.“
Uwe ist Bewohner der Grav-Insel. Das Areal gilt mit einer Fläche von 250 Hektar als Deutschlands größter Campingplatz. In der Spitze leben dort bis zu 20.000 Menschen und mehr als 500 Hunde. Nach Fläche ist die Insel bei Wesel größer als das Fürstentum Monaco. Und zumindest im Sommer hat das von Rhein und Altrhein umflossene Camp fast so viele Einwohner wie die unterfränkische Kleinstadt Kitzingen.
Hier können bis zu 20.000 Menschen und 500 Hunde leben
Etwa 2.000 Stellplätze für Dauercamper und 500 Plätze für Tagesgäste bietet die Grav-Insel, die rund 40 Kilometer nördlich von Duisburg liegt. Die Tagesgäste besiedeln den vorderen, kleineren Teil des Areals, die Dauergäste leben auf dem hinteren, weit größeren Abschnitt. Viele Camper wechseln im Laufe der Jahre ihren Platz von vorne nach hinten und werden sesshaft auf der Insel.
Abgesehen von einer Schule gibt es alles, was eine Kleinstadt braucht: Supermarkt und Bäckerei, Restaurant und Eisdiele, Fußballplatz und Kinderbetreuung, Poststelle und Sicherheitsdienst, Rettungsstation und Feuerwehr, Kirche und Streichelzoo. Sogar eine eigene Zeitung, einen Schützenkönig und einen Bestatter beherbergt die kleine Stadt der Camper. Ab und an kommt der Pfarrer aus der Nachbargemeinde herüber und hält Gottesdienst. Funkmasten verbinden die Insel mit dem weltweiten Kommunikationsnetz.
Jeder Weg im Camp hat seinen Namen. Es gibt die Drosselgasse und den Klostergarten, die Himmelsleiter und den Hasensprung, den Sommerdeich und die Westseite. Die Sträßchen sind mit Kies oder Asphalt belegt und so breit, dass die Camper bequem mit Auto und Anhänger vorfahren können. Hinter grünen Hecken und bunten Zäunen stehen Wohnwagen, Vorzelte und mobile Häuser. Die meisten Gärten sind gepflegt, manche mit viel, andere mit weniger Nippes geschmückt. Es riecht nach brennender Grillkohle.
Uwe lebt eigentlich zur Miete in Duisburg-Hochfeld. In einem Wohnkomplex mit 255 Einheiten. Der Stadtteil Hochfeld gilt als sozialer Brennpunkt. Kein Wunder, dass der 57-Jährige am liebsten auf der Insel weilt. „Ich bin mehr hier als in meiner Wohnung“, sagt er. Auch Weihnachten hat er in seinem mobilen Häuschen gefeiert. „Da war alles bunt beleuchtet.“ Uwe war erst im Bergbau tätig, dann im Fahrzeugbau, zuletzt im Lager. Heute ist er Frührentner, der schlechten Augen wegen.
„Zuhause habe ich kaum Kontakte“, erzählt Uwe. „Alle sind auf Arbeit oder sitzen am Computer oder vor der Glotze. Da ist tote Hose.“ Auf der Insel aber sei immer jemand draußen, mit dem man reden könne. Er mag es, vor seinem Häuschen zu sitzen und den Vögeln zuzusehen, wie sie auf den Bäumen von Ast zu Ast springen. „Ich fühle mich sauwohl hier“, sagt Uwe ein zweites Mal. „Hier ist man gleich per Du, hier muss ich nicht mal die Tür abschließen.“
Rollrasen will Uwe auf seiner kleinen Parzelle am Hausweg noch auslegen und einen kleinen Wintergarten bauen. Wer ihm dabei hilft? Uwe grinst und nickt in Richtung des gegenüberstehenden Hauses. „Der Nachbar“, sagt er, als sei das selbstverständlich. Viele Nachbarn machen es wie Uwe. Sie sind Dauercamper, die vorwiegend oder ständig auf der Insel leben. Rund 350 Menschen haben den Campingplatz als ersten Wohnsitz angemeldet. Zwischen April und Oktober leben rund 1.000 Leute dauerhaft auf der Insel.
Genau genommen ist das Dauercampen illegal
Das Thema ist politisch brisant. In den 90er Jahren hatte die Stadt Wesel die Camper noch ermutigt, ihren Erstwohnsitz auf der Insel anzumelden. Inzwischen aber haben die oberen Behörden diese Praxis infrage gestellt. Das nordrhein-westfälische Bauministerium ist der Auffassung, dass dauerndes Wohnen auf Flächen, die als Campingplatz ausgewiesen sind, nicht erlaubt und damit illegal ist. Es gibt zwar einen Vorstoß im Stadtparlament, einen heilenden Bebauungsplan aufzustellen. Vorläufig aber müssen die Dauerbewohner mit der Ungewissheit leben.
Iris und Wilfried Dörenkamp schreckt das nicht, sie sind Neubürger auf der Insel. Früher kamen sie zum Urlauben auf den Platz. Dann entschieden sie sich, dauerhaft zu bleiben. „Unser altes Haus war mit fast 200 Quadratmetern Wohnfläche einfach zu groß für uns beide. Die Kinder sind längst ausgezogen, wir haben uns einsam gefühlt“, erklärt Iris. Sie sitzt mit ihrem Mann auf der Terrasse und schenkt Cola aus. „Hier ist immer was los, hier ist es immer interessant“, sagt Wilfried. Die beiden haben sich ein mobiles Heim per Kran in zwei Teilen auf ihre Parzelle an der Rheinstiege setzen lassen. Der Blick auf den nahen Fluss ist traumhaft. Das Grundstück liegt hoch genug, um auch bei Hochwasser nicht geflutet zu werden. Im Sommer können Iris und Wilfried hinunter auf die Wiese blicken und den Saisongästen beim Spielen und Grillen zusehen.
Zuhause war die Einsamkeit, auf dem Platz ist das Leben
In zwei Tagen haben sie einen Termin mit dem Makler. Dann soll das Haus in Hückelhoven-Doveren bei Mönchengladbach verkauft werden. Die Möbel stehen zum Teil schon im neuen Inselheim. Etwa 80 Quadratmeter reichen ihnen hier zum Leben. In der Wohnküche stehen eine große, dunkle Ledercouch und eine Eckbank mit rundem Tisch samt Stühlen. An der Wand hängen gestickte Bilder und eine Pendeluhr. Wer das Haus nur von innen sieht, käme nie auf die Idee, dass es auf einem Campingplatz steht.
Mehr als 100.000 Euro haben die Dörencamps in ihr Zuhause gesteckt. Der Aufbau ist ihr Eigentum, die 260 Quadratmeter große Parzelle jedoch nur gepachtet. „Man überlegt sich das natürlich schon genau, ob man Geld in ein fremdes Grundstück investiert“, sagt Wilfried. Aber sie sind sich sicher, das Richtige getan zu haben. „Hier hat man viel schneller Kontakt zu den Leuten“, sagt Iris. Im Abstellraum steht eine Kiste mit selbstgestrickten Fanmützen und Schals in den Farben der Fußballclubs Bayern München, Gladbach, Schalke und Dortmund. „Die sind für den wohltätigen Inselbasar“, erklärt Iris.
Wilfried steht stolz auf der Holztreppe zur Haustür, im Hintergrund parken Wohnwagen in mehreren Reihen. „Viele aus unserem Umfeld haben gesagt: Ihr seid verrückt, wie kann man denn auf den Campingplatz ziehen?“, erzählt der 62-jährige Rentner und fügt an: „Na ja, das hört sich irgendwie schon komisch an. Dann haben uns Werner und Heike besucht. Die sind in unserem Alter. Als sie den Platz gesehen haben, haben sie gesagt, sie könnten sich auch vorstellen hierherzuziehen.“
„Die anderen haben gesagt, Ihr seid verrückt geworden“
Die kleine Stadt ist gut in Schuss. Nirgendwo liegt Müll. Dafür sorgt die Inselverwaltung mit ihren 49 Mitarbeitern. Ein Wegenetz von rund 30 Kilometern gilt es sauber und den Betrieb am Laufen zu halten. Nach der Mittagsruhe brummt und knattert es im unteren Bereich des Platzes. Barbara Keuntje mäht den Rasen, Klaus Bresser rasiert die Hecken. Die beiden Platzwarte sind oft von 8 bis 23 Uhr im Einsatz. Beide wohnen auf dem Platz, sie haben ihre eigene Parzelle. Barbara und Klaus versorgen die Camper mit Strom und Wasser, weisen Neuankömmlinge ein, helfen in der Not und sorgen – wenn nötig – für Ordnung. Sie tragen blaue Arbeitskleider, ein Funkgerät sowie einen riesigen Schlüsselbund am Gürtel.
Im Fenster des grünen Containerwagens der Platzwarte steht ein Schild, auf dem es heißt: „Wir sind eine Familie, sind füreinander da, halten zusammen, sagen Bitte & Danke, zeigen Respekt.“ Wer sich nicht an die Regeln hält, muss die Konsequenzen tragen. Das achtlose Wegwerfen von Kaugummis und Zigaretten ist mit einer Strafgebühr von 10 Euro bewehrt. Alle Parzellen sind mit Liguster- oder Lorbeerhecken einzufrieden, Umbauten müssen angemeldet und genehmigt werden, der Zustand der Flächen wird fotografiert und kontrolliert.
„Das wuchert sonst aus, wildes Bauen geht gar nicht“, stellt Frank Seibt klar. Er ist gewissermaßen der Bürgermeister der Grav-Insel. Sein Vater Wolfgang hat den Campingplatz aus dem Nichts aufgebaut, im kommenden Jahr wird das 50-jährige Bestehen gefeiert. Das Gelände ist zum größten Teil Eigentum der Familie Seibt. Die einzelnen Parzellen werden für ein Jahr verpachtet und dann stillschweigend um weitere zwölf Monate verlängert. Warum keine längeren Pachtzeiten? Schließlich investieren die Dauercamper in ihre Aufbauten viel Liebe und noch mehr Geld. „Wenn sich einer nicht benehmen kann, sind wir ihn schnell wieder los“, sagt der Chef und zuckt mit den Schultern.
Frank Seibt fährt mit seinem weißen Kleinbus langsam über die Schotterwege seiner Stadt. Das Fenster auf der Fahrerseite ist nach unten gekurbelt. So kann ihn jeder ansprechen, der zu Fuß unterwegs ist. Auf dem Armaturenbrett liegen gelbe Klebezettel. „Könnt ihr mir mal die Bäume zurückschneiden?“, ruft eine Frau dem Platzchef durchs offene Fenster zu. „Klar, machen wir“, sagt der und notiert den Auftrag flugs auf einem der gelben Blättchen. Vom Arbeiter bis zum Bankdirektor seien bei den Dauercampern alle Berufsgruppen vertreten, erzählt der 55-Jährige und biegt in die Kiebitzgasse ein.
Frank Seibt kennt nicht nur alle seine Camper, sondern auch deren Hunde beim Namen. Rocky heißt der von Brigitte und Jakob Bohlem. Fremde dürfen Rocky nicht streicheln, weil er sie dann beißen würde. Brigitte, Jakob und Rocky sind fast das ganze Jahr über auf der Insel. Sie haben noch ein kleines Apartment in Düren. „Aber dort sind wir nur, wenn nötig“, sagt Brigitte. Also nur, um mal nach der Wohnung zu sehen oder wenn ein Arztbesuch in der Stadt ansteht.
Brigitte zählt 57 Lenze, Jakob 62, beide sind Rentner. Vor zwei Jahren haben sie sich auf der Parzelle Am Wachtelspitz niedergelassen. „Das war die beste Entscheidung unseres Lebens“, meint Brigitte. „Leid tut uns nur, dass wir das nicht schon früher getan haben.“ Das Paar wohnt in einem Wohnwagen mit Vorzelt. Ob das im Winter nicht kalt ist? Brigitte lacht und antwortet: „Wir haben doch eine Heizung wie zuhause auch. Wir sitzen nicht mit dicken Decken da.“
Jakob steht vor dem Wohnmobil, mit dem sie zuletzt in Schottland im Urlaub waren. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft seien die Werte, die auf der Insel gelebt würden. „In der Siedlung schaut jeder weg, hier steht man zusammen.“ Er hat sich freiwillig zum Müllentsorgen gemeldet, weil er meint, dass jeder mitanpacken sollte, wenn er kann. „Hier hilft jeder jedem“, betont Jakob und nennt ein Beispiel: Weil ab und zu Langfinger von draußen über den Deich in die kleine Stadt der Camper schlichen, haben die Bewohner rund um die Wachtelspitz einen eigenen Wachdienst eingerichtet. „Wenn einer von uns weg ist, dann laufen die anderen Kontrolle“, erzählt Jakob.
Fünf Todesfälle hat es auf der Insel in diesem Jahr schon gegeben. Die meisten Dauercamper sind betagt, einige gesundheitlich angeschlagen. Der Zusammenhalt aber geht über den Tod hinaus. Am Sommerdeich stehen drei große Gedenktafeln. Auf sie sind unzählige kleine Metallschilder geschraubt, darauf zu lesen Namen, Geburts- und Todestage gestorbener Camper. Über den Namensschildern prangt die Inschrift: „Freunde, die für immer zum großen Campingplatz abberufen wurden.“ Auf dem Boden stehen Grabkerzen, Blumen, Engelsfiguren.
„Hier dürfen wir bleiben bis zum Tod“, sagt Heiner, der seinen Nachnamen nicht nennen will. Heiner ist 83 und lebt seit 16 Jahren auf der Insel. Sein Nachbar Fritz ist sogar schon 20 Jahre hier. Auch Fritz will nur seinen Vornamen nennen. „Warum ich hier lebe? Weil ich Camper bin“, sagt Fritz trocken. „Ich brauche keine Wohnung. Eine Nacht im festen Haus? Da würde ich verrückt werden. Das bin ich nicht mehr gewohnt. Hier habe ich meine Ruhe.“ Früher lebte Fritz in der Stadt. Ab und zu kam er auf die Insel, um an der Unterkunft auf seiner Parzelle zu werkeln. Eines Tages, als das Häuschen fast fertig war, stand er zuhause vor verriegelter Tür. „Meine Frau hat mir den Schlüssel abgedreht, da bin ich auf der Insel geblieben.“
Für Heiner hat das Inselleben auch noch einen existenziellen Grund. „Es ist billiger hier“, sagt er. „In der Stadt müsste ich aufs Sozialamt gehen und Wohngeld beantragen und all so‘n Scheiß.“ Die Parzelle mit 200 Quadratmetern kostet ihn 1.200 Euro im Jahr. Hinzu kommen Nebenkosten für Strom, Zählermiete, Müll, Frisch- und Abwasser. Jede Parzelle verfügt über eine eigene Sanitäranlage. Unterm Strich bleibe er warm unter 200 Euro im Monat. „Billiger kannst du nicht leben.“
„Billiger als auf dem Campingplatz kannst Du nicht leben“
Den Jansens geht es nicht ums Geld, ihnen geht es um Lebensqualität. „Wir haben uns in Duisburg-Homberg nicht mehr wohl gefühlt“, berichtet Gabi Jansen, und ihr Mann Michael fügt an: „Früher habe ich im Wohnzimmer gehockt und in den Fernseher gestarrt. Jetzt schaue ich kaum noch fern. Ich bin immer im Garten. Den hatten wir früher nicht. Und nach meinem Herzinfarkt ist ein Garten sehr hilfreich.“ Außerdem kann er hier Spazieren gehen, Boot fahren und angeln.
1991 kam das Paar mit seinem Wohnwagen auf die Insel. Nachdem der Nachbar seine Parzelle aufgegeben hatte, erweiterten die Jansens. „Wir haben alles flüssiggemacht und uns ein mobiles Heim gebaut“, sagt Gabi. Michael macht viel selbst, er ist Frührentner und gelernter Schreiner. Gabi fährt jeden Tag mit dem Fahrrad über den Deich zur Haltestelle und von dort mit dem Bus zur Arbeit.
Gabi und Michael gestalten ihre Doppelparzelle an der Westseite mit viel Liebe zum Detail. Vor dem blauen Waschhäuschen blühen rote Tulpen, im Beet stehen tönerne Vögel, Kühe und eine Maus. Über den sattgrünen Rasen kriecht eine steinerne Riesenschildkröte. Hinter dem Pavillon steht die von Michael gemauerte „Haifisch Bar“. In den Fenstern des Vorzelts hängen Spitzengardinen. „Uns fehlt es hier an nichts“, sagt Michael. Edeka betreibt einen großen Supermarkt auf der Insel, im Angebot sind derzeit Gießkannen, 5,99 Euro kostet das Stück. Wenn Gabi und Michael Lust auf Kultur haben, fahren sie mit dem Rad nach Wesel. In 20 Minuten sind sie am Kino.
Auf dem Deich grasen Schafe. Im November kommen Wildgänse aus Sibirien, um auf der Insel zu überwintern. Neben und hinter dem Campingareal erstrecken sich weitläufige Auen und Wiesen. Detlef Zoddel genießt die Natur hier draußen – vor allen die gute Luft. Mit seiner Frau Irene besitzt er ein Haus in Duisburg. Das steht in direkter Nachbarschaft zum Hochofen der Hüttenwerke Krupp Mannesmann. „Da ist ein hoher Ausländeranteil“, sagt der 64-Jährige und schiebt gleich hinterher: „Die Türken dort sind freundlich und hilfsbereit. Wir hatten nie Probleme mit den Leuten. Aber sie leben ihr Leben.“
Camper zeigen gerne Flagge. Im Wind flattern die Farben Schwarz-Rot-Gold für Deutschland, Blau und Weiß für den MSV Duisburg, Rot und Weiß für Fortuna Düsseldorf. Irene und Detlef wollen ihr Haus in Duisburg verkaufen und ganz auf dem Platz leben. „Wir wollen da sein, wo wir uns wohlfühlen, wo unsere Freunde sind“, erklärt Irene. „Hier ist die Gemeinschaft besser.“ Alte müssten nicht ins Seniorenheim, der Pflegedienst komme auch auf die Insel. Und wenn jemand krank werde, dann bringe man ihm eben mal schnell was zum Essen rüber.
Mit flotten Nadeln und lustigen Insulanern im Klön-Café
Für einsame Senioren gibt es das „Klön-Café“. Die „Lustigen Insulaner“ treffen sich zum Kochen und Skat spielen. Und die „Flotten Nadeln“ stricken gemeinsam. Junge Leute sieht man bei den Dauercampern eher selten. Eine Ausnahme ist die 25-jährige Lisa Heckhoff. Ihre Wangen sind gerötet, Schweißperlen stehen auf ihrer Stirn. Sie sticht den Spaten immer wieder in den Boden, um den Graben für die Hecke tief genug auszuheben. „Ich bin hier groß geworden“, sagt sie. Ihre Eltern bewohnen eine Parzelle auf der Insel, ihre Großeltern ebenso. Klar, dass auch sie ihre eigene Parzelle bekommen würde. „Das ist wie von zuhause ausziehen“, meint Lisa und lacht.
Viele Camper sind schon in der dritten Generation auf der Insel. „Meine Schwester ist hier, mein Sohn auch. Wir können uns über den Zaun zuwinken“, verrät Renate Fronholt und deutet auf eine Parzelle schräg gegenüber. „Wir wollen hier nicht mehr weg.“ Mit ihrem Mann besitzt sie noch eine Eigentumswohnung in Mönchengladbach, dort verbringen sie den Winter. „Wenn ich auf die Insel fahre, sage ich den Nachbarn in Gladbach immer: Ich fahre nach Hause“, erzählt Renate und bemerkt: „Hier muss ich mehr Fenster putzen als in unserer Eigentumswohnung.“
Frührentner Uwe am Hausweg hat mittlerweile seine Flasche Karlskrone ausgetrunken. Der Zaun ist fertig gestrichen, auf den Händen zeigen sich braune Flecken von der Farbe. Für heute ist die Arbeit geschafft, aber bald wird er noch mehr zu tun bekommen. Wenn erst der Rollrasen kommt, müssen Uwe und sein Nachbar noch einmal richtig anpacken. Und ist dann alles fertig, wird sich der Gartenzwerg mit der Blaumeise auf dem blanken Pop in Uwes Garten endlich über sattem Grün bücken können.